Johanniter Heilstätte Sorge
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Die Geschichte der Johanniter-Heilstätte Sorge: Eine Reise durch die Zeit

Versteckt in einem dichten Waldgebiet liegt die geheimnisvolle Johanniter-Heilstätte Sorge. Aus dem einst renommierten Sanatorium ist heute ein stiller Zeuge vergangener Epochen geworden und bietet eine einmalige Kulisse für Fotografen.

Die Johanniter-Heilstätte Sorge

Heute möchte ich die alte Johanniter-Heilstätte Sorge besuchen. Die Sonne steht bereits hoch am Himmel und taucht die verfallenen Gebäude in ein schönes Licht. Von außen sind die einzelnen Gebäude der Heilstätten kaum zu erkennen, aber bereits nach den ersten Metern über eine schmale Straße erblicke ich das erste Haus. Hier war früher einmal ein Oberarzt untergebracht. Zumindest erzählt mir das die freundliche Frau, die mich auf das Gelände begleitete.

Ich bin erstaunt. Es ist in einem, wenigstens von außen, sehr guten Zustand. Beim Betreten wird aber schnell klar, dass der erste Schein getrügt hat. Überall liegen Müll und andere Hinterlassenschaften herum. Auf den alten Holzdielen, die beim Betreten knarren, sind kleine Pfotenabdrücke zu erkennen. Irgendwo scheint sich hier eine Waschbärenfamilie einquartiert zu haben. Das Haus ist wahnsinnig groß und ich stelle mir vor, wie es wohl war, hier mit seiner Familie zu leben. Das Haus hat mehrere Etagen und dazu einen sehr großen Keller und einen noch größeren Dachboden. Es müssen über 300qm sein und von den Dachfenstern aus hat man einen tollen Blick über den Wald und auf das Hauptgebäude der Heilstätte.

Ich gehe langsam auf das Hauptgebäude zu, das früher eine beeindruckende Lungenheilstätte war. Die Fassade, einst aus massivem Granit erbaut, zeigt nun deutliche Spuren des Verfalls. Teile des Daches sind bereits eingestürzt und fast alle Fenster sind zerbrochen. Die Fassade bröckelt und die Natur hat längst damit begonnen, sich dieses Areal zurückzuerobern. Ich halte inne, nehme meine Kamera in die Hand, um weitere Momente festzuhalten. Jede Aufnahme erzählt eine eigene Geschichte – von längst vergangenen Tagen und dem Zahn der Zeit, der unaufhaltsam an den Gemäuern nagt.

Das Innere des Hauptgebäudes ist düster und kühl. Zumindest das Erdgeschoss. Ich trete vorsichtig ein, den Blick stets auf den Boden gerichtet, um keine losen Dielen oder die unzähligen Löcher der alten Versorgungsschächte zu übersehen. Hier sind keinerlei Einrichtungsgegenstände mehr zu finden und auch die Wasser- und Elektroleitungen wurden längst herausgerissen. Wie viele andere verlassene Orte auch, strahlt dieser Ort eine eigenartige Ruhe aus. Der leichte Sommerwind pfeift durch die zerbrochenen Fenster und die unzähligen leeren Flure. Ich fotografiere die leeren Räume, die verbliebenen Strukturen, die noch erahnen lassen, wie es hier einmal ausgesehen haben mag.

Ein Wintergarten, der früher mit Sicherheit mal ein Ort der Erholung war, wirkt heute fast gespenstisch. Das Glas ist zersplittert, und Pflanzen haben sich ihren Weg ins Innere gebahnt. Ich mache einige Aufnahmen und stelle mir vor, wie die Patienten hier einst saßen, das Tageslicht genossen und auf ihre Entlassung warteten.

Weiter geht es zu den Nebengebäuden und den ehemaligen Liegehallen. Auch hier hat die Natur sich ihren Teil zurückgeholt. Moos und kleine Pflanzen bedecken den Boden und die Wände. Die Arkaden, die die sonnige Liegehallen umrahmten, sind nun von der Witterung gezeichnet. Ich versuche auch diese Schönheit im Verfall festzuhalten. Irgendwann komme ich in den Bereich, in dem sich die Operationssäle befunden haben müssen. Die grünen Fliesen, die Aufteilung der Räume und Überreste der Einrichtung weisen noch heute darauf hin. Auch hier herrscht eine seltsame Atmosphäre.

Während ich das Gelände erkunde, begegnet mir ein paar andere Besucher und sogar eine Band, die gerade dabei ist, ihr neues Musikvideo zu produzieren. Obwohl ich hier nicht allein bin, herrscht fast überall eine angenehme Stille. Diese Stille wird nur durch das Rauschen des Windes und das Zwitschern der Vögel unterbrochen. Ich nehme mir die Zeit, die Details der Architektur und die Spuren der Geschichte auf mich wirken zu lassen. Jeder Schritt über den knirschenden Boden verstärkt das Gefühl, in eine andere Zeit einzutauchen.

Zum Abschluss meines Besuchs stehe ich noch einmal vor dem Hauptgebäude und lasse den Blick schweifen. Die Johanniter-Heilstätte Sorge ist mehr als nur ein verfallenes Gebäude. Sie ist ein stiller, leider vergessener Zeuge vergangener Zeiten. Hinter den alten Mauern müssen sich unzählige Geschichten und Schicksale verbergen. Ich bin dankbar, diesen Ort in Ruhe dokumentieren zu können.

Die Geschichte der Johanniter-Heilstätte Sorge

Die Ära der Lungenheilstätte (1895-1967)
Im Jahre 1895 ebnete eine großzügige Spende von Werner von Seebach aus Langensalza den Weg für den Bau der Johanniter-Heilstätte Sorge. Diese Lungenheilstätte sollte im Regierungsbezirk Erfurt entstehen und wurde nach den Plänen der renommierten Architekten Heino Schmieden und Julius Boethke entworfen. Am 17. Juli 1899 besichtigte der Johanniterorden das 45 Morgen, was ungefähr 112500 m² entspricht, große Grundstück am Südhang des Ochsenberges, welches schließlich für 50 Jahre gepachtet wurde. Die Bauarbeiten gestalteten sich aufgrund der felsigen Beschaffenheit des Geländes als schwierig, doch das massive Gebäude aus Granit, das später in einem Zentralbau mit Kirche und zwei Außengebäuden gegliedert wurde, nahm Gestalt an.

Am 26. Juni 1902 fand in Anwesenheit von Prinz Albrecht von Preußen die feierliche Einweihung statt. Die ersten Patientinnen, die im August 1902 ankamen, profitierten von modernen medizinischen Einrichtungen, darunter Röntgen- und Pneumothorax-Apparate, die durch den Chefarzt Hans Pigger eingeführt wurden. Pigger leitete die Heilstätte bis zu seinem Tod im Jahr 1940 und führte innovative Behandlungsmethoden ein, die die Heilstätte zu einem renommierten Zentrum für Lungenkranke machten. Trotz der Herausforderungen während des Ersten Weltkrieges und der Inflationszeit wurde die Klinik kontinuierlich erweitert und modernisiert, wodurch die Bettenkapazität sogar auf 180 anstieg.

Transformation zum NVA-Kurheim (1968-1989)
Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm die Nationale Volksarmee (NVA) die Einrichtung und nutzte sie ab 1968 als Kurheim für ihre Angehörigen. Obermedizinalrat Markert, ein Oberstleutnant, leitete das Haus ab 1973. Trotz des strengen Regimes, das ein absolutes Rauch- und Alkoholverbot umfasste, fand die Heilstätte regen Zulauf. Das Gebäude lag im Sperrgebiet nahe der innerdeutschen Grenze und war von einem Sicherheitszaun umgeben. Die strikten Vorschriften und der abgeschiedene Standort führten dazu, dass die Heilstätte von den Einheimischen humorvoll „Faultierfarm“ oder „Wasserburg“ genannt wurde.

Neue Herausforderungen nach der Wiedervereinigung (1990-2022)
Mit dem Fall der Mauer und der Wiedervereinigung Deutschlands änderten sich die Besitzverhältnisse erneut. Die Bundeswehr übernahm 1990 den Untermietvertrag, zeigte jedoch kein Interesse an der Nutzung. Der Johanniterorden erhielt 1992 das Eigentum zurück, stand jedoch vor der Herausforderung, die Anlage zu modernisieren. Aufgrund der hohen Investitionskosten und anderer dringender Projekte in den neuen Bundesländern entschied sich der Orden gegen eine weitere Nutzung als Heilstätte.

Verschiedene Nachnutzungskonzepte, wie die Einrichtung eines Kinderheims oder eines SOS-Kinderdorfs, scheiterten. Auch ein Kaufangebot aus Stuttgart konnte die Erwartungen des Ordens nicht erfüllen. Im Laufe der Jahre verfiel die Anlage zunehmend, und im Jahr 2016 diente sie als Kulisse für den Horror-Thriller Ostzone.

Die einzelnen Gebäude sind stark verfallen, Dächer teilweise eingestürzt und Fenster zerbrochen. Das Gelände wurde für 30 Jahre an ein Paar verpachtet, das Schlittenhunde züchtet. Das Gelände ist zum aktuellen Zeitpunkt meines Besuch für Interessierte geöffnet. Die Kontaktdaten der Besitzer findest du vor Ort und kannst diese dann einfach kontaktieren.

Wer war Werner von Seebach?
Werner von Seebach war ein bedeutender, aber heute weitgehend vergessener Gutsherr aus dem 19. Jahrhundert, dessen Leben eng mit dem Ziegelsdorfer Schloss und seiner letzten Ruhestätte, einem aufwendigen Mausoleum, verbunden ist. Er wurde am 2. Mai 1851 geboren und starb am 14. November 1895. Er war der letzte Nachkomme des Ziegelsdorfer Geschlechts derer von Seebach und führte die Tradition seiner Familie als Gutsherr fort.

Komm mit auf einen Rundgang durch die Johanniter-Heilstätte Sorge.

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Kurze Fakten

Kategorie: Gesundheit & Heilung
Bundesland: Sachsen-Anhalt
Erkundet am: Keine Angabe
Baujahr: 1895
Verlassen seit: Keine Angabe
Gesamtfläche: 112500 m²
Noch begehbar: Ja
Denkmalschutz: Nein
Architekt: Keine Angabe
Quellen: Keine Angabe
Copyright: Pixelgranaten

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An dieser Stelle sei der Vollständigkeit halber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Betreten und Erkunden von verlassenen Orten nicht nachzuahmen ist. Niemand sollte sich durch diese Bilder zu Straftaten animieren lassen. Verlassene Gebäude ohne Erlaubnis des Eigentümers zu betreten ist illegal. Es kann direkt zur Anzeige gebracht werden und dazu noch sehr gefährlich sein. Die beschriebenen Erfahrungen müssen nicht die eigenen sein und sind zum Teil fiktiv.

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