Die verlassene Kurklinik in Bad Pyrmont bot ihren Kurgästen nicht nur auf Rheumatologie und Innere Medizin spezialisierte Behandlungspläne, sondern dazu auch noch eine wunderschöne Aussicht. Sie verfügte über insgesamt 142 Betten und ausreichend viel Platz zur Erholung.
Kurklinik in Bad Pyrmont
Wir kommen am nächsten Teil des Gebäudekomplexes an. Vor uns liegt ein langer Flur, von dem links und rechts Zimmer abgehen. Neben uns ist ein Treppenhaus. Vermutlich sind wir nun dort angekommen, wo früher die Patientenzimmer waren. Insgesamt gab es hier 142 Betten und 125 Komfortzimmer. Ich laufe den Gang entlang und schaue mir die ersten Zimmer an. Ein Bett, ein Schrank, ein kleines Badezimmer und ein kleiner Balkon. Die Scheiben sind eingeschmissen und es riecht modrig. Die Tapete hat schwarze Flecken und damit ist auch klar, woher der Geruch kommt. Hier schimmelt es. Was sich bisher noch in Grenzen gehalten hat, kommt hier nun richtig hervor.
Wir arbeiten uns Zimmer für Zimmer und Stockwerk für Stockwerk voran. Viele der ehemaligen Patientenzimmer sehen gleich aus. Die meisten wurden verwüstet. Die Matratzen wurden herumgedreht, Scheiben und Spiegel eingeworfen. Trotzdem kann man sich hier immer noch ein gutes Bild davon machen, wie es gewesen sein muss, hier für eine gewisse Zeit zu wohnen. Die Komfortzimmer unterscheiden sich deutlich von den normalen Zimmern. Sie sind wesentlich größer und die Einrichtung hochwertiger. Im Bereich zwischen Balkon, der in diesen Zimmern auch größer gewesen zu sein scheint, und Bett sind Sitzecken mit schweren Sesseln eingerichtet.
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In jedem Stockwerk gibt es ein paar Zimmer, in denen sich das Regenwasser durch die Zimmerdecke gearbeitet hat. Der Teppich auf dem Fußboden hat sich vollgesaugt. Diese Zimmer scheinen direkt unter dem ehemaligen Kaminzimmer zu liegen. Noch ein Stockwerk weiter oben finden wir einen großen Aufenthaltsraum. Hier stehen große Pfützen auf dem Boden, der mit einem grünen Teppich ausgelegt ist – Daher kommt also das Wasser. Direkt über uns muss es sein, das ausgebrannte Kaminzimmer. Hier hat es 2013 gebrannt. Es riecht stark modrig und überall ist Schimmel zu finden. Hier möchte ich mich ohne Atemschutz nicht all zu lange aufhalten.
Vom Flur aus geht eine weitere Treppe ab. Die Wände sind komplett schwarz. Es scheint eine Mischung aus Ruß und Schimmel zu sein. Am Ende dieser Treppe liegt das vermutete ausgebrannte Zimmer. Ich habe keinen Atemschutz dabei und verzichte daher auf diesen Raum. In den umliegenden Räumen gibt es aber auch noch sehr viel zu entdecken. Ich finde ein altes Büro. Überall liegen Akten herum. Darunter Patientendaten, Kontoauszüge und interne Mitteilungen. Datenschutz ist hier kein Thema mehr. Man hat diese sensiblen Daten einfach ihrem Schicksal überlassen.
Es geht noch weiter nach oben. Auch in den anderen Stockwerken finden sich die üblichen Patientenzimmer. Erstaunlicherweise ist hier noch ein kleines Zimmer, das völlig unberührt scheint. Das Bett ist in Ordnung, die Schränke sind geschlossen und sogar der kleine Röhrenfernseher steht noch auf der dafür vorgesehenen Halterung. Am Ende des Treppenhauses wartet eine kleine Aussichtsplattform auf uns. Ursprünglich war sie komplett von Glasscheiben umgehen. Von diesen sind nicht mehr viele übrig und deshalb ist es hier nicht gerade sehr gemütlich. Der Wind pfeift uns um die Ohren, es regnet herein. Von hier aus hat man einen tollen Blick über das anliegende Tal. Nach einer kurzen Pause geht es weiter.
Wir laufen die Treppen wieder herab und hören plötzlich Stimmen. Wir sind hier nicht mehr alleine. Das Gebäude ist allerdings so groß, dass es für den Moment bei den Stimmen bleibt. Gesichter sehen wir dazu erstmal nicht. Nach kurzen Orientierungsschwierigkeiten stellen wir fest, dass wir bereits alles erkundet haben. Es geht wieder in Richtung Ausgang.
Zum Abschied stoße ich mir beim Herausklettern noch den Kopf an einer zerbrochenen Fensterscheibe. Zum Glück ist es ein dickes Sicherheitsglas, so dass meine Kopfhaut ganz bleibt. Nun geht es weiter, unser Ausflug ist noch nicht vorbei. Auf dem Plan stehen ein altes verlassenes Bordell und ein kleines Hotel. Mit meiner neuen Beule setze ich mich hinters Lenkrad und fahre davon.
Hier findest du den ersten Teil über den Besuch in der Kurklinik am Bomberg.
Der Podcast über verlassene Orte
Die Geschichte der Kurklinik am Bomberg
Den Kurgästen wurde hier einst eine wahnsinnig tolle Aussicht geboten, denn die verlassene Kurklinik liegt hoch oben am Berg. Von dort aus hat man sogar noch heute einen tollen Überblick über das gesamte angrenzende Tal. Die Klinik am Bomberg war auf Rheumatologie und Innere Medizin spezialisiert und verfügte über insgesamt 142 Betten. Erbaut wurde sie in den 1970er Jahren. Zu dieser Zeit gab es allerdings noch nicht alle Teile des jetzigen Gebäudekomplexes.
Schwerpunkte der Behandlung waren Verschleißerscheinungen und Entzündungen der Wirbelsäule und Gelenke, Osteoporose, der Zustand nach Operationen am Bewegungsapparat, Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems und der Gefäße, Stoffwechselstörungen, Tumornachsorge und psychologische Erschöpfungszustände. Die Klinik verfügte über 125 Komfortzimmer, ein Bewegungsbad, eine Sauna und über ein breitgefächertes Freizeitangebot. Insgesamt erstreckte sich die Klinik über 5.700 m², die sich teilweise über neun Stockwerke erstreckten. 1996 musste der Betrieb allerdings eingestellt werden.
Wie in so vielen Lost Places gab es auch hier bereits einen Brand im Gebäude. Im Jahr 2013 zerstörte ein Feuer das komplett möblierte Kaminzimmer. 2014 wurden einem Bauausschuss Pläne vorgestellt, nachdem aus der alten Klinik wieder eine neue werden könnte. 142 Betten, rund 80 Arbeitsplätze, ein Restaurant, eine zweistöckige Parkpalette und eine sehr hohe Investitionssumme gaben Anlass zur Hoffnung. Wann und ob diese Pläne allerdings umgesetzt werden, ist noch unklar. Momentan leidet das Gebäude stark unter Vandalismus und den bereits bestehenden Schäden. Immer mehr Regenwasser dringt in das verlassene Kurhaus ein und sorgt somit dafür, dass der Verfall stetig voranschreitet.
Komm mit auf einen Rundgang durch die verlassene Kurklinik in Bad Pyrmont.
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