Nördlich von Berlin liegt direkt am Bogensee der ehemalige Landsitz von Joseph Goebbels. In seiner Villa empfing Goebbels seine Geliebte. Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs wurden hier Nachwuchsfunktionäre der Freien Deutschen Jugend ausgebildet. Versteckt und verfallen befinden sich direkt daneben die Gebäude der Kaderschmiede.
Bogensee – Goebbels Villa & Hochschule der FDJ
Bei knapp 30 Grad im Schatten komme ich auf dem Areal Bogensee an. Es liegt mitten in einem großen Waldstück und man muss sein Ziel schon kennen, aus Versehen verwirrt man sich hier hin wohl eher weniger. Auf einem kleinen Schotterparkplatz komme ich zum Stehen, steige aus und schaue mich um.
Einige andere Menschen kommen hier gerade von ihrem Spaziergang zurück. Da ich mich nur auf der Durchreise befinde, habe ich noch meinen Hund im Kofferraum. Bei solchen Temperaturen kann er natürlich nicht im Auto auf mich warten und erkundet deshalb heute seinen ersten Lost Place.
Vom Parkplatz aus führt ein kleiner Weg zwischen offenbar ebenfalls verlassenen Gebäuden entlang. Die Halle rechts von mir könnte einmal eine Sporthalle gewesen sein. Genaueres lässt sich aber von außen nicht erkennen. Hier ist heute viel los und deshalb muss es bei dieser oberflächlichen Erkundung bleiben.
Ich lasse die alten Gebäude hinter mir. Linker Hand taucht bald danach ein großer Platz auf. Ringsherum wachsen Bäume und der Wald scheint wieder dichten zu werden. Erst auf den zweiten Blick nehme ich die Treppenstufen wahr, die diesen Platz umfassen. Es könnte sich dabei um eine Art Exerzierplatz gehandelt haben. Mir ist schließlich bewusst, welche Vergangenheit dieser Ort mitbringt.
Hinter diesem Platz steht die Goebbels Villa. Ich bin erstaunt, in welch gutem Zustand sie sich befindet. Ich hatte damit gerechnet, dass sie viel heruntergekommener und voller Schmierereien ist. Zum Glück ist dem nicht so. Ich schaue mich genauer um. Ein schmaler Pfad führt mich dabei einmal um den ehemaligen Landsitz von Goebbels herum.
Auf dem Bereich der ehemaligen Terrasse, die einen direkte Sicht auf den See ermöglichte, kann man durch die großen Panoramafenster ins Innere blicken. Es scheint einmal wirklich ziemlich prunkvoll gewesen zu sein. Die Räume, die ich von außen einsehen kann, wirken riesig.
Die Geschichte Bogensees
Das Gelände Bogensee verbirgt einige historische Gebäude. Neben einem großen Waldstück und einem kleinen See verstecken sich hier die Goebbels Villa und die Hochschule der FDJ, der Freien Deutschen Jugend.
Die Stadt Berlin schenkte dem nationalsozialistischen Propagandaminister Joseph Goebbels 1939 diesen Landsitz. Er umfasste insgesamt 30 Räume und wurde hauptsächlich als Rückzugsort genutzt. Das Hauptgebäude enthielt unter anderem eine große Diele, eine Bibliothek, einen Salon, sowie Arbeits- und Speisezimmer. Auch ein Filmvorführsaal und mehrere Schlafzimmer waren hier untergebracht.
Als besondere Ausstattung verfügte der Landsitz über eine große Seeterrasse und automatisch versenkbare Fenster. Der kleine ovale Bogensee umfasst eine Fläche von rund 9.300 m². Er ist ein Relikt aus der letzten Eiszeit und wird aus Quellwiesen an seinen Uferbereichen gespeist. Als die alliierten dann mit ihren Luftangriffen auch Berlin erreichten, nutze Goebbels dieses Haus auch für seine Amtsgeschäfte. Zwischen 1943 und 1945 diente es zudem als Wohnsitz für die gesamte Familie Goebbels.
Nach 1945, dem Ende des zweiten Weltkriegs, besetzte das sowjetische Militär kurzzeitig das gesamte Gelände. Bereits ab dem Jahr 1946 nutzte dann die Freie Deutschen Jugend das Gebäude als Jugendhochschule.
In den 1950er Jahren wurde wenige 100 Meter neben der Villa Bogensee ein großer Neubaukomplex errichtet. Er umfasste Gemeinschaftsgebäude und Wohnheime für die FDJ. Dieser Komplex wurde auch als „Rotes Kloster“ bezeichnet und umfasste eine Aula mit 600 Sitzplätzen, zwei Speisesäle und mehrere Schlaf- und Wohngebäude.
In knapp 40 Jahren gab es hier insgesamt 15.000 Absolventinnen und Absolventen. Neben den deutschen FDJ-Mitgliedern wurden hier in dieser Zeit auch rund 4.300 Jugendliche aus der ganzen Welt unterrichtet.
Auf dem Gelände befinden sich außerdem noch eine Waldschule, ein Heizkraftwerk, eine Sporthalle, Tennisplätze, Fußballplätze, ein Werkstattareal, sowie eben der Schulcampus, der von Architekt Henselmann in den 40er-Jahren geplant wurde.
Nachdem der Internationale Bund in den 90er-Jahren auch aus diesen Gebäuden auszog, nutzte die Berliner Polizei die Hochschulgebäude einmal im Jahr für Schulungen. Seit 2005 sind aber nun alle Bebäudeteile komplett verlassen. Sie stehen unter Denkmalschutz und gehören weiterhin dem Land Berlin. Die Instandhaltung sollen enorm sein. Allein die Betriebskosten umfassen rund 250.000 Euro pro Jahr.
Die Gebäude stehen nun größtenteils seit über 20 Jahren leer. Für die Goebbels Villa soll es zwar Käufer geben, allerdings besteht die große Sorge, dass dieser Orte zu einem Wallfahrtsort für getarnte rechtsextreme Gruppen werden könnte und daher will die Stadt Berlin die Villa nicht verkaufen. Eine Initiative von Anwohnern will nun das gesamte Gelände wiederbeleben.
Komm mit auf einen Rundgang durch die Goebbels Villa und die Hochschule der FDJ.
Lost Places entdecken
Du suchst nach spannenden Lost Places in NRW, Brandenburg, Berlin, Niedersachsen, oder Rheinland-Pfalz? Dann bist du hier genau richtig. Wir zeigen dir unzählige spannende verlassene Orte und erzählen ihre Geschichten.
Erinnerungen zum Anfassen
Auf über 160 Seiten findest du Neugier, Nervenkitzel und Zeitzeugnis festgehalten in über 120 einzigartigen Fotografien. Neugierig geworden? Mit meinem neuen Bildband Verlassene Orte in Brandenburg nehmen dich einzigartige Fotografien mit auf eine Reise in die Vergangenheit. Dieser Bildband ist der perfekte Zeitzeuge für deinen Nachttisch.
Kennst du schon diese spannenden Lost Places?
Bahnbetriebswerk Aachen-West
Die verlassene Kurklinik in Bad Pyrmont
Heilstätte Grabowsee
Keine Kommentare