Die im Wald versteckte Militärstadt Wünsdorf war streng bewachtes Sperrgebiet in Brandenburg. Eine riesige, verbotene Stadt. Zu Hochzeiten lebten in Wünsdorf bis zu 75.000 sowjetische Männer, Frauen und Kinder. Die alte Turmuhr steht noch immer auf fünf vor zwölf. Sie befindet sich hoch oben über der Militärstadt bei Zossen.
Wünsdorf
Die Stadt war ein gigantischer sowjetischer Armeestützpunkt der GSSD, ganz in der Nähe der heutigen Wünsdorf-Waldstadt. Im Zentrum dieser riesigen Anlage befindet sich das Haus der Offiziere und gleich daneben die Infanterieschule. In den Häusern gibt es viele prächtige Theatersäle, eine Schwimmhalle aus der Kaiserzeit, ein Offizierskasino und die Villa des Oberkommandierenden der russischen Streitkräfte Burlakow.
Wir fahren durch den Haupteingang bis hin zu einem kleinen Parkplatz unweit der großen Lenin Statue. Von dort aus geht es in eines der größten Gebäude, die wir auf unserer Tour erkunden werden. Nach der Eingangshalle erwarten uns scheinbar endlos lange Gänge. Das Tageslicht fällt von den Seiten durch die Fenster und die geöffneten Türen. Es entsteht ein wahnsinnig tolles Lichtspiel.
Eine Tür am Ende des Ganges führt uns zu einer Art Arrestzelle. Hinter einer normalen Holztür ist eine Gittertür installiert. Die Zelle ist ungefähr drei mal drei Meter groß. Die Fenster sind auch durch Gitterstäbe gesichert. In den umliegenden Räumen finden sich sich sanitäre Anlagen und irgendwelche Unterkünfte. Sie müssen für höher dekorierte Soldaten gewesen sein, da sie relativ groß gestaltet sind. Die normalen Mannschaftsunterkünfte sind in der Regel wesentlich kleiner. Es ist faszinierend zu sehen und sich vorzustellen, wie sich hier früher das Soldatenleben abgespielt haben muss.
Ein paar Gänge weiter finden wir riesige Wandgemälde und alte Wandkarten. Teilweise ist die Farbe bereits vom Putz abgeplatzt und es riecht sehr modrig. Wir blicken um die Ecke und sehen, woher dieser Geruch stammt. Ein Gang ist komplett mit schwarzem und grünen Schimmel überzogen. Von der Decke tropft es.
Das nächste Highlight unserer Tour ist das ehemalige Kino. Das Gebäude ist schon direkt nach dem Betreten wahnsinnig imposant. Die Empfangshalle ist atemberaubend. Von allen Seiten scheint die Sonne herein. Hier wurden bestimmt einmal große Empfänge ausgerichtet. An der Garderobe vorbei befinden sich noch weitere, riesige Hallen. Würde man hier einmal feucht durchwischen, könnte man hier wieder Feste feiern. Alles scheint, als wäre es noch nicht sonderlich lange verlassen. Genau so sollten alle Lost Places aussehen. Neben den großen Sälen findet sich auch noch ein Vorführungsraum in diesem Gebäude. Die Stühle sind mit rotem Samt überzogen und scheinen auf die nächsten Besucher zu warten.
Zwischendurch wage ich, trotz des Windes, einen Rundflug mit der Drohne. Von oben sieht Wünsdorf aus, wie eine perfekt geplante Miniaturstadt. Als nächstes erkunden wir die Schwimmhalle. Auch hier ist alles in einem sehr guten Zustand. Hier und da sind ein paar Fliesen abgeplatzt, aber die Einrichtung ist größtenteils erhalten worden. Sogar die Ketten, die die einzelnen Schwimmbahnen markiert haben, hängen noch in dem leeren Becken.
Der Podcast zu Wünsdorf
Die Geschichte von Wünsdorf
Es ist ein Ort mit preußischer, deutscher, sowie auch russischer Geschichte. Wünsdorf war eine sowjetische Stadt in der DDR, abgeschirmt vom Rest des Landes. DDR-Bürger hatten keinen Zutritt zum militärischen Teil. 590 Hektar Kasernenfläche, fast 700 Gebäude aus den vergangenen hundertzwanzig Jahren. Einige von ihnen wurden saniert, ein Großteil aber verrottet vor sich hin. Im Ersten Weltkrieg waren hier Pioniertruppen stationiert, die in Frankreich kämpften. Im Zweiten Weltkrieg war hier das Oberkommando der Wehrmacht untergebracht. Nach dem Krieg 1945 ließ sich der sowjetische Marschall Shukow hier nieder. Über die Jahre entstand die größte Garnison der Roten Armee außerhalb der Sowjetunion – zeitweilig bis zu 75.000 Männer, Frauen und Kinder lebten auf dem abgeschotteten und streng bewachten Gebiet, mit Kinos, Supermärkten, Schulen, Freizeiteinrichtungen usw. Das Haus der Offiziere ist also nur ein kleiner Teil des ehemals Ganzen.
Aus der Sportschule wurde das bedeutendste Kultur- und Vergnügungszentrum der in der DDR stationierten Roten Armee. Außer der Schwimmhalle und einigen, kleineren Sporträumen blieb nichts von der einstigen Nutzung erhalten. Die großen Turnhallen wurden zu Konzert- und Kinosälen umgebaut und das ehemalige Offiziersspeisehaus und Kasino übertrug man den Pioniereinheiten der GSSD als eigenes Kulturzentrum mit Konzertsaal. Aus dem im Hof liegenden Sportplatz wurde eine weitläufige Parkanlage, in die ein bis über die Grenzen der DDR hinaus bekanntes Diorama integriert wurde.
Genosse Lenin
Mit stolz erhobenem Haupt klopft sich Genosse Lenin noch heute an die Brust. Er wacht noch heute vor dem Eingang des Hauses der Offiziere in Wünsdorf. Weit reicht die Geschichte dieses Militärstandortes zurück. Schon zu Kaiserzeiten entstanden Truppenübungsplätze, Kasernen und eine Turnschule.
1994 räumten die Russen im Zuge der deutschen Wiedervereinigung auch diesen Standort. Seither steht das schlossähnliche Gebäudeensemble leer. Die Leinen der Schwimmhalle scheinen noch immer die Bahnen abzustecken und schwimmen dennoch nicht mehr im Wasser, sondern hängen einsam in der Luft. Auf der Bühne des großen Theatersaals warten die Bretter stumm auf die Bedeutung der Welt und im Glockenturm des Hauptgebäudes schlägt die Uhr seit Jahren fünf vor zwölf.
Komm mit auf einen Rundgang über das Kasernengelände in Wünsdorf.
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5 Kommentare
Jay d'Arc
15. April 2018 um 14:31Hihi, ich war gestern auch da. 😀 Zum Glück nicht vor die Kamera gelaufen.^^ Ist ein tolles Video und eine super Idee, wenn man sich damit auf einen Besuch vorbereiten kann.
Daniel
15. April 2018 um 16:46Na, was für ein Zufall, dass du dann heute ausgerechnet diesen Beitrag entdeckt hast. Hat es dir gefallen?
Jay d'Arc
15. April 2018 um 19:42Kein Zufall, hab eure Beiträge abonniert. 😉 Wünsdorf war ganz nett. Das Wetter war gut und wie jeder Lost Place, hat er seine eigene Schönheit (und Motive), aber eher für die großen Bilder, wie Schwimmhalle und Theater. Allerdings war insgesamt (mir persönlich) alles noch ein wenig ZU gut erhalten.
Daniel
15. April 2018 um 21:51Na, das freut mich zu hören. Ich habe tatsächlich auch schon spannendere Orte besucht. Dazu fand ich auch, dass dort viel zu viele Menschen auf den doch relativ kleinen Bereichen verteilt waren. Die typischen Motive waren so eigentlich durchgängig besetzt und einige von den Leuten waren dazu auch noch ziemlich egoistisch.
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